Imkerei in Marokko II

Januar 2015, Nov. 2017, Dez. 2019

Imkerei bei Taroudant


In der Oase Tiout (2019)

 

Imkerei in den Bergdörfern bei Tafraout


Die Mandelblüte Ende Januar im Tal der Ammeln bei Tafraout

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Bienenbeuten in der Felsenlandschaft bei der Stadt Tafraout (2017) und dahinter eine von einem Belgischen Künstler veränderte Landschaft (2019)

 

 

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Bienenbeuten im Ruinendorf Oumesnat (Ammelntal, 2017)


Die Fluglöcher sind mit Drahtfedern geschützt.


Imkerei in "Marokko I", 2012
Mein Leben mit Bienen

Imkerei südlich von Agadir

Als ich 2015 und 2017 erneut durch Südmarokko reiste, musste ich in Sidi R`bat feststellen, dass alle 5 Bienenpferche, die ich 1990, 1999 und 2012 besucht hatte, ausgeräumt waren. Nur in einem lagen noch einige Röhren, wovon 3 mit Bienen besetzt waren. Auf meine Nachfragen erklärte man mir, dass die Imker wegen der Trockenheit und dem daraus resultierenden Fehlen der Blüten mit ihren Bienen landeinwärts abgewandert seien. Auch große Teile des Eukalyptuswaldes im NP waren verdorrt. Dass die Imker ihre Imkerei nicht aufgegeben haben, sehen wir an neuen Bienenröhren im Dorf.


Die abgeräumten Bienenterrassen bei Sidi R`bat


Neue Bienenröhren bei Sidi R`bat

Im Naturpark finden wir mehrere Stellen mit Riesenfenchel, der bis zu 3m hoch wird und in getrocknetem Zustand wie Bambus zu Matten für Bienenröhren geflochten wird, die dann zu Röhren gerollt und mit Lehm und Kuhdung bestrichen werden. In früheren Zeiten wurden aus den Stängeln auch Hocker und Regale hergestellt. Der Name "ferula" (lat. ferire = schlagen) weist auf die Nutzung der Stängel als Züchtigungsinstrument hin. Auch dienten sie dem Transport von Feuer, da das Mark des Stängels nur langsam schwelt im Innern der harten Rinde.

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Riesenfenchel (ferula communis),
auch Stecken- oder gemeines Rutenkraut
im Januar und zur Blüte im Juli mit 20-40 strahligen Dolden

Aus den Ferulastängeln (Riesenfenchel) wurden auch Beuten hergestellt, sie hatten einen quadratischen Querschnitt und wurden liegend gestapelt.

Marcus Terentius Varro schreibt dazu, eine Ferula-Beute sei 90 cm lang und 30 cm breit. Die Maße heutiger in Sizilien hergestellter Beuten sind etwas geringer: 82 cm Länge und 23 cm Breite.„Wenn die Bienen zu wenige sind, um den Stock auszufüllen, reduziert der Imker die Größe, so dass die Bienen in dem großen leeren Raum nicht ihr Herz verlieren.“

Plinius der Ältere war noch deutlicher: „Es ist von Vorteil, wenn der Deckel an der Rückseite beweglich ist, so dass dieser nach vorne in die Beute geschoben werden kann, für den Fall, dass die Beute zu groß ist oder die Arbeit der Bienen zu unproduktiv.“

Die Küstenlinie zum anliegenden Naturpark Massa hatte sich in den letzen Jahren erheblich verändert. Hier hatte der Fluss eine breite Sandbank weggespült, die das Süßwasser des Flusses vom Salzwasser des Atlantiks abriegelte. Die Folge war, dass das Salzwasser tief in das Süßwassergebiet eindringen konnte und das Ökosystem erheblich verändert hatte, indem Fische und andere Süßwassertiere starben und viele Vögel ihre gewohnte Nahrung erst einige Kilometer flussaufwärts wieder fanden.


Das Naturschutzgebiet Massa: vom Fluss wurde die Sandbarriere zum Meer weggespült.

Etwa 8-10 Kilometer südlich von Massa in Richtung Mirleft entdecken wir später in einer grünen Talsenke mit vielen Wolfsmilchgewächsen und anderen Blumen große Ansammlungen von Bienenvölkern (über 100 einstöckige Kästen) in modernen Holzbeuten. Dort sprechen wir mit zwei Imkern. Die Verständigung ist leider etwas schwierig, weil die Imker nur ganz wenig Französisch sprechen. Der eine spricht fast nur Berberisch und der andere, der eigentliche Bienenbewacher aus Casablanca, fast nur Arabisch. Imker Eder aus Agadir bewacht hier die 200 Bienenstöcke seines Vaters und der ältere Imker Hassan aus Casablanca bewacht etwa 1000 Stöcke fremder Imker aus der Region Taroudant, die ihm ihre Bienen für drei Monate anvertraut haben, da hier im milden Meeresklima im Januar die Blütezeit beginnt. Im April, wenn die Trockenzeit beginnt, werden die Bienen zur Orangenblüte wieder nach Taroudant zurückgeholt. Ab August blühen dann die Euphorbien, von denen die Bienen z.Zt. Propolis (Harz-Wolfsmilch/euphorbia resinifera) sammeln.

Für Hassan ist diese Tätigkeit ein Vollzeitjob. Er wandert während des ganzen Jahres als Betreuer mit fremden Bienen zu ergiebigen Trachtgebieten in Marokko. Er zeigt uns die schon blühenden Trachtpflanzen und fragt, ob wir in Deutschland auch Eukalyptusbäume für die Bienen haben. Die wachsen in unserem kalten Klima leider nicht, aber man hat in USA jetzt gentechnisch veränderte, kälteresistente Eukalyptus-Bäume gezüchtet.

Nachdem wir die Bienenkästen aus der Nähe fotografiert haben, werden wir zu einem Tee in ihr Hauszelt eingeladen und tauschen Informationen über die Imkerei in Deutschland und Marokko aus. Dabei versuchen wir zunächst einige Begriffe zu klären. Christa schreibt ihnen die deutschen und französischen Wörter auf einen Zettel und wir erfahren die berberischen und arabischen.

Wörterverzeichnis zur Imkerei: deutsch-französisch-berberisch

Bienenhonig/ miel des abeilles/ tamemt n tizzua/ arabisch: نحلة العسل (Aussprache: nahlat-ul-asal)
Biene/ abeille/ tizzuit, pl.tizzua/ arabisch: Mostli al-nahla
Bienenkönigin/ reine des abeilles/ agellit
Bienenschwarm/ essaim/ agulif
Bienenlarve/ larve d`abeille/ gaimru
Bienenflügel/ aile d`abeille/ ifer n tizzua
Imker/ apiculteur/ bab n tizzua
Bienenstock/ ruche/ aseldi/ arabisch: Zbah
Bienenhaus/ rucher/ zbirt n tizzua
Bienenwachs/ cire d`abeille/ tikira
Kaktus-Euphorbie/ Euphorbie cactoide/ tikuit


Die Bienen Marokkos:
schwarze Tellbiene und gelbe Saharabiene in der Oase Tighmert

Meist sehen wir vor den Kästen die durch gelbe Ringe erkennbaren Saharabienen (Apis mellifera sahariensis, abeille jaune saharienne), die zu 75% dominieren, aber auch einige schwarze Tellbienen (Apis mellifera intermissa). Reinrassige Bienen gibt es wohl kaum noch. Beide Rassen sind im Ertrag ähnlich, zeigen aber einige unterschiedliche Eigenschaften. Die Saharabiene kann sich besser an extreme Umweltbedingungen anpassen und fliegt größere Strecken, aber sie ist äußerst aggressiv. Imker Eder erklärt, 20 Stiche bei der Arbeit an den Bienen seien normal trotz seines Imkeranzuges. Auch bei unseren Gesprächen legt er den Anzug nicht ab. Er zeigt auf seinen Pullover und meint, der biete keinen Schutz gegen Stiche.

Gegen die Varroamilbe setzt er bestimmte Mittel ein, aber zusätzlich füttert er die Bienen mit einem Präparat, das Vitamine und ein Breitband-Antibiotikum enthält. Eigentlich ist das Pulver gegen Infektionen bei Rindern, Schafen und Schweinen u.a. Tieren gedacht. Stolz zeigt er uns eine Packung des Pfizer-Neo-Terramycin-Präparates.  Das Oxytetracyclin stoppt eine Infektion und vernichtet Bakterien, wobei allerdings das Problem besteht, dass die Bakterien gegen das Mittel resistent werden. Manche Imker setzen das Mittel sogar vorbeugend gegen AFB ein. Die beiden Imker sind wohl der Werbung von Pfizer auf dem Leim gegangen, die das Mittel auch für Bienen empfiehlt. Unsere beiden Imker sehen die Anwendung  ganz unkritisch.

Imkerei in der Oase Tighmert

Einen weiteren großen Bienenstellplatz sehen wir dann im Süden hinter Mirleft in direkter Nachbarschaft zu großen Schafherden. Eigentlich sollten bei Sidi Ifni noch Bienen stehen, aber wir können keine entdecken. Dafür sehen wir die zerstörten Straßen und Brücken, die eine 10-tägige Regenflut erst Ende November 2015 angerichtet hat. Sicherlich sind dabei auch viele Bienenbeuten weggeschwemmt worden.


Bienenkästen in der Oase Tighmert

Den nächsten Imker finden wir erst im Landesinnern in der Oase Tighmert bei Guelmim. Er zeigt uns seine Kästen in einem Oasengarten, die er entlang einer Lehmmauer aufgestellt hat. Hier stehen moderne Beuten. Seine traditionellen Röhrenbeuten stehen in den Bergen. Insgesamt hat er 100 Völker. Vorwiegend hält er die helle Saharabiene, daneben als Experiment einige Kreuzungen mit der schwarzen Nordafrika-Biene (Apis mellifera intermissa). Die Nordbiene würde bei Trockenheit sterben, während die Saharabiene sich in einer Traube zusammenziehe. Deshalb gibt er in der Trockenzeit einem Volk jeweils zwei Honigwaben und etwas Zucker mit etwa 5 g Kräutern einer Gewürzmischung als Stärkungsmittel (Zatar, arabisch ‏زعتر) der Pflanzen Majorana syriac, (Syrischer Ysop, Origanum syriacum) und Kopfiger Thymian (Thymbra capitata). Vitamine und Antibiotika setzt er nicht ein.


Der Tuareg-Imker Salh Sayat

Aus meiner Anfangszeit als Imker kenne ich noch den Bienentee nach Guido Sklenar, den ich bei der Herbstfütterung den Bienen gab. Er bestand zu gleichen Teilen aus Zitronenmelisse, gemeiner Schafgarbe, gemeinem Wermut, echter Kamille und Polei-Minze. 50 g dieser Mischung sollen mit kochendem Wasser übergossen werden und 15 Minuten lang ziehen. Anschließend soll der Tee ins Futter aus 15 kg Zucker und 15 l Wasser abgeseiht werden.

Obwohl die Nordbiene Hunderte Weiselzellen ansetze, würden seine Bienen nur selten schwärmen, da er die Entwicklung der Völker beobachte, die Weiselzellen herausbreche, Völker teile und Ableger bilde. Dreimal im Jahr würde er den Honig schleudern: im Februar einen Blütenhonig, im August den Honig der männlichen Euphorbien und im Oktober den Honig der weiblichen Euphorbien.


Euphorbia atlantica

Neue Methoden zur Bekämpfung der Varroamilbe mit biologischen Räuchermitteln:

Besonders interessant ist seine Methode zur Bekämpfung der Varroamilbe. Da sich die Milbe seit 2000 durch Importe aus Frankreich in Marokko ausgebreitet habe, müsse sie bekämpft werden. Er hat festgestellt, dass die Varroa schon durch die Wanderung in die Berge verschwindet. Vor allem aber würden die Milben durch die Ausräucherung mit  getrockneten Euphorbien verschwinden, die er im Smoker verbrennt. Er ist von dem Erfolg so überzeugt, dass er mir empfiehlt, einige trockene Pflanzenstangen mitzunehmen und die Euphorbien in Deutschland auszuprobieren.

Das erinnert an Methoden aus Ägypten, wo als Räuchermittel getrockneter Mist benutzt wurde, Galbanum, ein Doldengewächs (Apiaceae), verwandt mit dem Fenchel (aus Galbanum wurden auch Harz, Gummi und ätherische Öle gewonnen) und Schlehe, und möglicherweise hat man im alten Ägypten noch Weihrauch beigemischt.

Zum Abschied probieren wir noch seinen pfeffrigen Euphorbienhonig, der vorwiegend als Medizin bei Halsschmerzen und Athma genutzt wird. Er ist tatsächlich noch nach Stunden im Hals spürbar. Der Honig enthält allerdings dieselben Co-Karzinogene wie der Milchsaft der Euphorbia.

Alle Arten der rund 8000 Euphorbiazeen enthalten den gefährlichen Diterpen-Ester (Ester entstehen durch die Kondensation von Alkoholen mit organischen oder anorganischen Säuren; Diterpene sind eine Gruppe von Naturstoffen, zu denen unter anderem Vitamin A und Harnsäure zählen). Chemische Verwandte dieser Verbindungen sind auch im Saft einer anderen Wolfsmilchart enthalten, die zur Herstellung von Kaugummi dient. (Unheil auf Abruf: Co-Karzinogene | DIE ZEIT ...)


Blüte der Euphorbia echinus/atlantica und Euphorbien, die von Insekten wegen Propolis angeknabbert sind.

Die Euphorbien haben Blütenstände (Cyathien). Jeder Blütenstand ist entweder weiblich oder männlich. Die weibl. Blüten blühen vor den männlichen Blüten.

Die Fahrt ins nördliche Marokko verschieben wir auf eine andere wärmere Jahreszeit, da die nächtliche Kälte im Januar uns doch erheblich zugesetzt hat und man uns sagte, dass in Quarzazate und Marrakech Schnee gefallen sei.

Interessante Links:

- Auf der Seite des marokkanischen Wirtschaftsministeriums (Diapositive 1 - Mediterranean Beekeeping Forum ...PROGRAMME DE SAUVEGARDE ET DE DEVELOPPEMENT DE L’ABEILLE JAUNE SAHARIENNE DANS LA ZONE D’ACTION DE L’ORMVA DU TAFILALET) finden sich viele Fotos der Trachtpflanzen und Bilder von Röhrenbeuten, Grabbeuten aus Bambus, Stein und Lehm und Keramiktöpfe.

- Beeindruckende Bilder von Reptilien und Amphibien von einer Marokkorundfahrt  VipersGarden ...
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récolte de miel dans une ruche-tombeau Marocaine
- Die Tellbiene Apis mellifera intermissa - Die Dunkle Biene

„Und dein Herr hat der Biene eingegeben: ,Baue dir Unterkünfte in den Bergen und in den Bäumen und in den (Bienenstöcken, die die Menschen) errichten. Dann hole dir Nahrung von allen Früchten (und Blüten) und fliege dahin auf den Wegen deines Herrn, die dir leicht gemacht sind.’ Aus ihren Leibern kommt ein Trank hervor, verschieden in seinen Farben, und heilsam für die Menschen. Wahrlich, darin ist ein Zeichen für Leute, die nachdenken“.(Koran, Sure 16, Verse 68 und 69)

Blumen in den Dünen Marokkos bei Sidi R`bat


Cistanche tubulosa in den Dünen von Sidi R`bat und Massa

Die gelbe Cistanche hat keinen Stamm, keinen Stiel und keine Blätter. Man kann nur die Blüte sehen. Sie kann kein Chlorophyll bilden und ist deshalb auch in ihrer Lebensweise völlig abhängig von Bäumen und Sträuchern. Sie zapft die Wurzeln ihrer Wirtspflanzen an und gewinnt somit das benötigte Wasser und die lebensnotwendigen Nährstoffe. Die Samen von Cistanche tubulosa können Jahre im Boden verweilen, bis sich die Wurzeln einer Wirtspflanze stark genug nähern, dann kann die Keimung sich entwickeln und eine neue Blüte kann oberirdisch entwickelt werden mit den Nährstoffen und dem Wasser der Wirtspflanze.

Wegen ihrer zahlreichen pharmazeutischen Wirkstoffe ist sie in der modernen Naturmedizin von Bedeutung. Aber schon im alten China kannte man die medizinische Wirkung von Cistanche tubulosa. Weil sie hautpflegende Wirkstoffe enthält, wird sie auch in Kosmetika eingesetzt.


Marokkanischer Goldtaler (asteriscus imbricatus)
Es gibt 40-70 Asteriscus-Arten (Sternaugen, Goldsterne)


Sahara-Lilie (Androcymbium gramineum),
giftig! Zwiebel meist in 10 bis 20 cm Tiefe. Blüte ohne Stängel am Boden.

Bienenlose Landschaft zwischen Tafraout und Tiznit

Mein Leben mit Bienen
Imkerei in "Marokko I", 2012
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