Der „Götzendienst“ der Mumienverehrung und die Verehrung des Leibes Christi

Die Zurschaustellung von Erwachsenen- und Kinderleichen in Form von Mumien findet man in vielen Museen. Der freizügige Umgang mit Mumien - für mich etwas gruselig und pietätlos - beruht wohl auf dem alten Brauch der Ahnenverehrung in den Anden.


Ausgestellte Kindermumien in einem Museum in Potosi

Die Anbetung und Aufbewahrung der Mumien war der Kern der Anden- und Inkareligion. Die beständige Pflege der Mumien der Vorfahren, die in Höhlen oder Tempeln aufbewahrt wurden, war ein Kern der Religion. Ihre Bekleidung und Versorgung mit Speise und Trank war notwendig zur Erhaltung der kosmischen Ordnung und für die Fruchtbarkeit der Felder und Tiere. Die Mumien der Inka-Könige wurden in einem besonderen Raum des Sonnentempels in Cuzco aufbewahrt.

Die christlichen Mönche versuchten den Leib Christi an die Stelle der Mumien zu setzen. Zunächst einmal findet man in den kolonialen Kirchen eine Vielzahl von lebensgroßen Figuren des leidenden und gestorbenen Christus.


Neben dem "bekleideten" Gekreuzigten und dem mit Dornen Gekrönten findet man auch neuere Bilder der Lichtgestalt Jesu.

Diese Figuren werden immer wieder mit kostbaren Brokatröcken bekleidet, also nicht mit einem Lendenschurz wie in Europa gebräuchlich, sondern mit „Inkaröcken“. Daneben wurde der Umzug des „Leibes“ Christi in Form der verwandelten weißen Brot-Hostie eingeführt. Viele große Wandgemälde im Kloster La Merced, zwischen 1540 und 1600 errichtet, zeugen davon.

Das Fest Corpus Christi wird seit der kolonialen Ära 60 Tage nach Ostersonntag im ganzen Land gefeiert, in Cusco aber wird das mit der grössten Intensität gefeiert. Fünfzehn Heilige und Jungfrauen der verschiedenen Bezirke werden in einer Prozession zur Kathedrale Cusco in einer goldenen Prozessionmonstranz, die 26 Kilo wiegt, 1.20 m hoch ist und mit 1518 Diamanten, über 600 Perlen und unzähligen Rubinen, Smaragden und anderen Edelsteinen verziert ist, durch die Straßen getragen.

Während die grösste Glocke Perus, die im 16. Jahrhundert aus einer Legierung von Kupfer und Gold hergestellt wurde, läutet, trägt jede Kirche ihre/n Schutzheilige/n in die Kathedrale, um den Corpus Christi zu begrüssen. Danach diskutieren die verschiedenen Delegationen der Bezirke über die regionale Problemen mit den Behörden, während man einheimische Gerichte isst wie ‘aji con guy’ (=chiriuchu), Bier oder Chicha trinkt und Maisbrot isst.