Sonderbare Funde in der Bretagne/Breizh

"Degemer mad" - "Demat"(bretonisch)
"Willkommen" - "Guten Tag"

Bretonisch ist eine Variante des Keltischen und eng mit dem Kornischen (Cornwall) und Walisischen (Wales) verwandt.

"Hört an, ihr alle, was ich bring,
hört an, ein neues Lied ich sing."


Figuren aus dem Kalvarienberg von Guimiliau

"Hört, Groß und Klein, mich! Hört mich all,
den Wundersänger, noch einmal.

Ein neues Lied ich heute bring,
hört, Jung und Alt, was ich euch sing!"
(Volkslieder aus der Bretagne v. Keller und Seckendorff, Tübingen 1841)

Die Verbindung von keltisch-bretonischen und christlichen Traditionen

Die Kalvarienberge

sind entstanden als eine Demonstration des Reichtums der Gemeinden und als Machtdemonstration der katholischen Kirche während der Hugenottenkriege.


Steinsetzungen: die Kalvarienberge von Guimiliau (mit 200 Figuren!) und Plougonven und Menhir de Kerloas (urspr.12 m hoch)

Die Kalvarienberge (ab1450 bis ins 17. Jahrhundert) liegen inmitten eines "umfriedeten Pfarrbezirks", zu dem ein Friedhof, ein Triumphtor, ein Beinhaus, der Kalvarienberg und die Kirche mit einer vorgelagerten Eingangshalle gehören.

Der Tod in Malereien und Beinhäusern


„Sie stehn in Reih geklemmt, die sonst sich hassten,
und derbe Knochen, die sich tödlich schlugen,
sie liegen kreuzweis, zahm allhier zu rasten“ ( Goethe )

Im kleinen Dorf Lanrivain, bretonisch Laruen, entdeckten wir ein Beinhaus, das noch mit menschlichen Knochen gefüllt war

Das Beinhaus, Ossuarium (von os, Knochen), ist ein überdachter Raum, in dem sich Gebeine von Toten befinden. In Bayern und Österreich benutzt man den Begriff Karner, auch Gerner. Hier wird das Beinhaus auch als Friedhofskapelle genutzt.

In diesem Ensemble mit sich immer wiederholenden Bildprogrammen tauchen viele Relikte aus der keltisch-vorchristlichen Zeit auf.


Das hässliche Böse - gebannt in Stein - eine Warnung für die Kirchenbesucher
in der Bretagne

Die Erdgöttin der Bretonen und Anna, die Großmutter Jesu

Bretonen und Iren sind sprach- und stammesgeschichtlich sehr eng verwandt und verehrten die Großmutter der Bretonen gemeinsam. Die ursprüngliche Anna hatte als Göttin der Fruchtbarkeit und Unterwelt einen engen Bezug zum Leben spendenden Element Wasser und zu den Sümpfen. Und wenn heute Frauen zur Ste Anne d'Auray beten und das Wasser aus ihrer Quelle trinken, um fruchtbar zu werden, so tun sie vermutlich dasselbe, was bereits vor Jahrtausenden Gläubige einer früheren Naturreligion an dieser Quelle taten. Es handelt sich hierbei um einen alten Fruchtbarkeitskult, der vermutlich schon bestand, bevor die Kelten dieses Land besiedelten. Der Erdkult der 'Tuatha de Danan', der 'Mutter der Götter', die sie ernährte, weist auf eine Göttin der Fruchtbarkeit hin, was noch klarer in der Legende über die zwei Hügel der Gegend um Killarney belegt wird. Sie werden 'Da Chich Annan', 'die zwei Brüste der Anna' genannt. Die ganze Insel heißt sogar 'ath Annan'.

In Irland und England finden wir ähnlich wie die Köpfe und Wasserspeier in der Bretagne an den Kirchen noch Figuren, die aus der keltischen Mythologie stammen und oft "hässlich" oder grotesk aussehen und als beschwörendes oder beschützendes Symbol für Glück, Fülle und Wohlstand galten.

Exkurs: Sheela-na-Gigs

Eine eigenartige Tradition stellen die Sheela-na-Gigs dar, Steinreliefs weiblicher Figuren an den Außenwänden von Kirchen, Burgen und Gebäuden in Irland (99) und Großbritannien (41), die ihre meist übertrieben dargestellte Vulva präsentieren, indem sie mit ihren Händen ihre Vagina berühren oder die Schamlippen auseinanderziehen. 140 Steinritzungen oder Reliefs sind noch an ihren Originalplätzen erhalten. Nach christlicher Deutung sollen sie die weibliche Lust als abscheulich und sündhaft darstellen.

http://www.sheelanagig.org/. www.beyond-the-pale.org.uk/sheela1.htm

Viele Sheela-na-Gigs haben Hängebrüste, sichtbare Rippen, sind mager oder krummrückig - was eigentlich keine Anzeichen für ein Fruchtbarkeitssymbol sind! Von der Sheela-na-Gig am Castlemagner in Irland ist überliefert, dass sie demjenigen Glück und Fruchtbarkeit bringen soll, der sie berührt. Dabei geht es darum, die Geschlechtsteile der Figur zu berühren oder zu reiben. Dies wurde viele Jahrhunderte lang von Pilgern, die zu bestimmten Kirchen oder Klöstern kamen, praktiziert. Auch der Staub von der Figur sollte magische Kräfte haben.


Sheela in Kilpeck und in Kirknewton (von Robin Maguire), Irland/Schottland

Die Vulva, der Eingang zur Gebärmutter, gilt in vielen ursprünglichen Kulturen, teilweise bis heute, als machtvolles und beschwörendes Symbol.

Folgende Deutungen sind möglich: Sheela als Fruchtbarkeitssymbol, als Warnung vor der Sünde der Fleischeslust, als alte keltische Göttin und als Glücksbringerin.

Der Name „sheela-na-gig“ leitet sich höchstwahrscheinlich aus der irischen Sprache ab. Die beiden üblichen Übersetzungen sind: „Sile na gCioch“ (alte Hexe mit Brüsten) und „Sile-ina-Giob“ (Sheela auf ihrem Hintern).

In der christlich - kirchlichen Sichtweise erscheint die Frau nicht mehr als Fruchtbarkeitssymbol und als Glücksbringerin, sondern als Gefahr, sie wird zum Symbol des Bösen und des Teufels.

Es gibt viele Beispiele dieser Sicht in der Kunst. Im Prado, Madrid, sahen wir das folgende Bild der bösen Frau.

Der hl. Antonius in sexueller Versuchung. (Quentin Massys, 1524) Eine neuere Version weiblicher Verführung des Mannes mit der hässlichen Sheela und drei zeitgenössischen Schönheiten mit dem traditionellen Eva-Apfel.

Die Gefährdung des Menschen durch die weibliche Sexualität
dargestellt durch die biblische Erzählung


Die Verführung Evas durch die Schlange (frauenköpfiger Teufel, Portal der Kirche von Guimiliau, Bretagne) und die Bestrafung der Frau gehören natürlich entsprechend der biblischen Erzählung zum Bildprogramm der Kalvarienberge.

Die Frau als Urbild der Verführerin: als Schlange umgarnt Eva Adam und symbolisiert so die bösartige, teuflische Auflehnung und Rebellion der Menschen gegen Gott:

der große Drache, die alte Schlange, die da heißt: Teufel und Satan, der die ganze Welt verführt.“ (Offb. 12,9)

Die Bestrafung


Figuren von Kirche und Kalvarienberg in Guimiliau

Die sinnliche Eva ist die Gegenfigur der jungfräulichen Maria und der Ursprung allen Elends der Menschheitsgeschichte.

"Wenn du eine Frau siehst, denke, es sei der Teufel! Sie ist eine Art Hölle!" (Papst Pius II., 1405-1464)

Die berühmteste Szene ist die Höllenfahrt der Katharina - zu finden auf dem Sockel über dem Abendmahl: Die nackte und mit üppigen Brüsten ausgestattete Katharina (das übliche Bild der "Sündigen Frau") wird von Teufeln in die Hölle (ein zahnbewaffnetes Dämonenmaul) gestoßen.

Die Geschichte der Katharina - oder Katel Gollet , wie sie bretonisch heißt, existiert in mehreren Varianten - alle haben aber den Zweck, der Jugend zu sagen, was einem passiert, wenn man lustvoll lebt und nicht auf das hört, was einem gesagt wird.

Eine Version schildert Katel als leichtfertiges und liederliches Mädchen, das seinem Beichtvater nichts von seinen Liebesabenteuern beichtete. Zudem soll sie für einen ihrer Geliebten, der auch noch der Teufel war, eine Hostie gestohlen haben. Katel war ständig auf Festen und Vergnügungsveranstaltungen unterwegs und suchte nach ihrem zukünftigen Ehemann. Aber nur der konnte es werden, der 12 Stunden mit ihr am Stück durchtanzte. Keiner der jungen Bretonen stand dies durch und starb während des Tanzes. So wurde der männliche Nachwuchs in diesem Landstrich immer knapper. Also entschloss man sich, Katel im Schloss ihres Vaters einzusperren. Zu den nächsten Festivitäten allerdings schaffte sie es zu entkommen. Auf dem Fest wollte sie wieder tanzen, doch wie schon vorher starben die Tanzbegleiter. "Ist denn kein Mann hier, der meiner würdig ist!?" soll sie gerufen haben, als zwei unbekannte Gestalten, einer schwarz, einer rot gekleidet, auf der Tanzfläche erschienen. Der Rote packte einen Dudelsack aus und begann zu spielen, während der andere Katel zum Tanz führte. Der Schwarze tanzte solange, bis er die tote Katel in den Armen hielt. Darauf verschwanden die drei mit Blitz und schwefelartigem Gestank.

"Jegliches geschlechtliche Verlangen ist an sich sündhaft." (Papst Gregor "der Große")


Bodilis, Guimiliau, Porto

"Nichts ist mächtiger, den Geist eines Mannes zu erniedrigen als die Liebkosungen einer Frau." (401 n.Chr.- Augustinus)

306 n.Chr. - Das Konzil zu Elvira, Spanien, Dekret Nr. 43: Ein Geistlicher, der die Nacht vor der Messe im Beischlaf mit seiner Frau verbringt, wird seines Amtes enthoben.
562 - Das 2. Konzil zu Tours: Jeglicher Geistliche, der mit seiner Frau im Bett gesehen wird, wird exkommuniziert und ein Jahr lang auf den weltlichen Stand erniedrigt.
580 - Papst Pelagius II ließ die verheirateten Geistlichen in Ruhe so lange sie ihren Frauen und Kindern kein Eigentum der Kirche vermachten.

Die Hölle
Bretonisches Kirchenlied (11 Strophen)

Zur Hölle niedersteigen, ihr Christen, lasst uns all,
zu sehn, wie die Verdammten dort leiden grause Qual,
die Gottes Grimm gefesselt in furchtbar`n Flammen hält,
weil sie von ihm gesondert sich einst auf dieser Welt.

Die Hölle ist ein Abgrund, drin herrschet Finsternis.
Auch nicht der kleinste Lichtstrahl dringt ein in dies Verließ,
verschlossen und verriegelt hat Gottes Macht das Tor,
und nie wird er sie öffnen, den Schlüssel er verlor....

(Volkslieder aus der Bretagne v. Keller und Seckendorff, Tübingen 1841)

Köpfe

Um das Böse abzuwehren, brachte man in Europa fratzenhafte Köpfe von Tieren, Menschen oder fabelhaften Ungeheuern aus Stein oder Holz an Gebäuden und in Kirchen an.


Tierartige Monstren in Guimiliau und Bodilis

Schon in der Antike wurden Masken und Köpfe zum Schutz von Menschen, Tieren, Gebäuden etc. gegen böse Kräfte angebracht, um die üblen Auswirkungen von Zauberei, vom „bösen Blick“ und von anderen widrigen Kräften abzuwehren. (Apotropaion, griech.: Unheil abwendend)

Der Neidkopf


Plougastel

Ein anderer, bezeichnender Ausdruck für die Köpfe an Gebäuden ist "Neidkopf". Er soll das Unheil und Böse abwehren. Die bösen Mächte und Geister sollen den Menschen in den Gebäuden nichts neiden. (Apotropäische Handlung)

Wasserspeier

Die wasserspeienden Wesen werden Gargoyles, auch Gargylen, genannt und haben den Ruf, Beschützer zu sein. Sie heißen im heutigen Französisch noch gargouilles (von gorge, bzw. gueule für Hals, bzw. Maul). Sie symbolisieren den Einfluss des Teufels auf die irdische Welt, der in Kontrast zur Reinheit des Himmelsreiches - symbolisiert durch das Innere der Kirche - steht. Ihr dämonisches Aussehen soll den Geistern und Dämonen einen Spiegel vorhalten, soll sie vergraulen und somit Kirchen und Klöster vor bösen Mächten schützen.


Plougonven

Bereits in der Romanik und später in der Gotik und Renaissance verwendete man, besonders bei größeren Kirchengebäuden, als Wasserspeier häufig dämonische Gestalten oder Tiere. Als Wasserspeier befinden sie sich ausschließlich an der Außenfassade der Kirchen und niemals innen.


Geflügelter Wasserspeier in Guimiliau,
der aber laut Mythologie nicht fliegen, sondern nur gleiten kann

Der Kopf als Kraft-Symbol

Die vielen Köpfe an den Kirchen reichen vielleicht auch zurück in die keltische Vorzeit, in der die Kelten meinten, sie könnten die Lebenskraft der abgeschlagenen Köpfe von Feinden auf sich übertragen. Der Kopf war in ihrem Glauben der Träger aller Kraft.


Kopfmasken in Bodilis

Die Verehrung der Köpfe als Ausdruck besonderer Kraft findet sich auch in den Kopfmasken des "grünen Mannes", die man in fast allen Kirchen Europas findet. Die Blattmaske ist meist ein Gesicht, dessen Haare und Bart von akanthusartigen Blattformen gebildet wird. Es kann jedoch auch ausschliesslich aus Blättern zusammengesetzt sein und dadurch nur die Illusion eines Gesichts vorstellen. Die Blattmaske kommt aus römischer Zeit, etwa dem 1. Jahrhundert v. Chr. Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. ist das Akanthus-Blatt ein charakteristisches Merkmal der korinthischen Kapitelle.

Die grüne Pflanze als Ausdruck der Erdkraft

Weitere "heidnische" Elemente sind die Mistel und die Eiche, deren Blätter besonders häufig in den Darstellungen des "Grünen Mannes" erscheinen. Das Mistelblatt wird auch dem keltischen Gott Esus zugeordnet, dem alle Wachstumskräfte unterstehen.

Plinius der Ältere (23/24-79 n. Chr.) schreibt in seiner Naturgeschichte:

"Bei dieser Gelegenheit darf man auch nicht die Bewunderung der gallischen Provinzen [für die Mistel] übergehen. Denn nichts halten die Druiden – so nennen sie ihre Magier – für heiliger als die Mistel und den Baum, auf dem sie wächst, sofern es nur eine Eiche ist. Schon von sich aus wählen sie Eichenhaine und vollziehen keine heilige Handlung ohne Eichenlaub, so dass es den Anschein haben kann, dass sie in griechischer Deutung davon auch ihren Namen Druiden haben. Sie glauben in der Tat, dass alles, was auf ihnen wächst, vom Himmel gesandt und ein Zeichen des von Gott selbst erwählten Baumes sei. Sie [die Mistel] ist aber ziemlich selten aufzufinden und wenn sie gefunden wurde, wird sie mit großer Feierlichkeit geholt [...]. Sie nennen sie mit einem Wort ihrer Sprache "die alles Heilende". Nachdem man ein Opfer und das Mahl unter dem Baum nach rechtem Brauch vorbereitet hat, führen sie zwei Stiere von weißer Farbe herbei, deren Hörner dann zum ersten Mal umwunden werden dürfen. Ein mit einem weißen Gewand bekleideter Priester besteigt den Baum, schneidet sie [die Mistel] mit einer goldenen Sichel ab; sie wird in einem weißen Tuch aufgefangen. Endlich schlachten sie dann die Opfertiere und beten, der Gott möge die Gabe glückbringend machen für diejenigen, denen er sie gab. Sie glauben, dass durch ihren Trank jedem unfruchtbaren Lebewesen Fruchtbarkeit verliehen werde und dass es ein Heilmittel gegen alle Gifte sei. So groß ist häufig der Aberglaube der Völker in nichtigen Dingen." (Plinius.nat. 16, 249ff.).


"Grüner Mann" in Bodilis ,

Der Mensch hat nach Aussagen der Mystiker Teil an der grünen Erdkraft Gottes

Daß ihr euer Leben habt gegeben zu einem Gewächse Gottes und also grünet im Leibe Christi, des Sohnes Gottes... daß ihr nicht alleine ein Gewächse Gottes für euch selber seid, sondern als ein liebliches Kraut und Blume... Also befinde ich auch, sei der Seelen des Menschen, welche ohne Unterlass grünet... er hat seine Wurzel in der Erden und grünet wieder (daraus) hervor... So wissen wir, daß unsere Seele in Gott ist und grünet in Gott.. müssen sie wieder durch den Tod und Grimm des Zorns und Stachel des Todes grünen.. und durch ihn aus dem Tode grüneten in Gott seinem Vater… sondern ohne Unterlaß grünen im Leben Gottes.. So wir der Eitelkeit des Lebens loswerden, so werden wir alsdann leben und grünen in Gott.. dieweil unser irdisch Leben im Tod grünet, unser himmlisch Leben durch den Tod ausgrüne.. (Philosophus teutonicus‘, Jacob Böhme)


Variante des "Grünen Mannes" in Bodilis.
Die Eichenblätter wachsen nicht aus dem Mund, sondern sie sind die Kraft-Grundlage für das "Gewächs" darüber. "Grüne Männer" in Spanien.

Exkurs: "Grünkraft" bei Hildegard von Bingen

Auch Hildegard von Bingen (1098-1179) spricht von der sog. Grün- und Lebenskraft, "viriditas", eine Kraft, durch die das Göttliche Wort die Seele und den Körper durchdringt.

O nobilissima viriditas - O edelste Grünkraft,
die wurzelt in der Sonne
und leuchtet in klarer Heiterkeit,
im Rund des kreisenden Rades,
das die Herrlichkeit des Irdischen nicht fasst:
Umarmt von der Herzkraft himmlischer Geheimnisse
rötest du wie das Morgenlicht
und flammst wie der Sonne Glut.
Du Grün,
bist umschlossen von Liebe
.

-"Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit, und diese ist grün. Aus lichtem Grün sind Himmel und Erde geschaffen und alle Schönheit der Welt.“ „Wie Gott es geheißen, trug die mütterliche Erde die grünende Lebenskraft der Kräuter aus, die ihren Samen in sich trugen, ebenso das Grünen der Bäume mit ihrer entsprechenden Frucht, das sich im Samen wieder neu zeugte.“

-"In seinem jugendlichen und reifenden Lebensalter wird der Mensch aufblühend vollendet; mit dem Greisenalter wird er wieder zum Welken gebracht, in gleicher Weise, wie auch die Erde den Sommer durch die Grünkraft in Blüten geschmückt wird, um sich nachher durch die Kälte in Wintersblässe zu verwandeln…Und wie im Winter mit seiner Kälte die Grünkraft und das Blühen mitsamt der Reife aller Früchte schwinden, so vergeht auch der Mensch beim Sterben mitsamt seinen guten und bösen Taten.“

Für Menschen mit überangestrengten Augen schlägt Hildegard vor: "Es soll der Mensch hinausgehen auf eine grüne Wiese und sie so lange anschauen, bis seine Augen wie vom Weinen naß werden: Das Grün dieser Wiese nämlich beseitigt das Trübe in den Augen und macht sie wieder sauber und klar.“

s.weitere grüne Götter: Die grüne Tara im Tibetischen Buddhismus und den grüngesichtigen, grünhäutigen Osiris in der altägyptischen Religion (s. Gruenender Christus )

"Realistische" Gesichter aus den Kalvarien
ganz im Sinne der Reformkräfte in der katholischen Kirche im 12. Jh.


In Guimiliau, Plougonven, Bodilis

"Wozu diese unsauberen Affen, die grimmigen Löwen, die monströsen Zentauren, die Halbmenschen . . . Kurzum, so mannigfaltig und wunderlich sind die verschiedensten Bildungen, dass man versucht sein könnte, eher den Marmor anzuschauen als in den Heiligen Schriften zu lesen, und es könnte einer leicht den Tag damit verbringen, solche Dinge zu bewundern, anstatt über das Gesetz Gottes nachzudenken." (Bernard von Clairvaux)

Bernhard von Clairvauxr setzte sich für Stilreinheit in Musik und Architektur ein. Schlichtheit der Zisterzienserbauten war für ihn ein wichtiger Baustein des gesamten Reformprogramms.

Wie die umfriedeten Kirchhöfe in der Bretagne zeigen, setzten sich Aberglauben und Machtdemonstration in der Darstellung der Hölle und der Sünden durch. Weitere Kapitel zu diesem Thema sind der Aberglauben, der Fetischglauben und der Handel mit kuriosen Reliquien.


Arche Noah, Guimiliau

Keltische Wasserkulte und christliche Heiligenverehrung

Die alten heiligen Brunnen sind meist Ursprung und zentraler Mittelpunkt eines christlichen Heiligenfestes geworden.

Schon der römische Dichter Lucanus (39-65 n.Chr.) schildert einen keltischen heiligen Hain mit Quellen:

"Da stand ein Hain, seit Menschengedenken niemals entweiht. Mit verschränkten Zweigen bildete er einen Bereich voller Dunkelheit und Schatten, dessen Kuppel nie von den Strahlen der Sonne durchbrochen wurde. [...] Die Altäre waren mit grässlichen Schlachtbänken versehen und die Bäume von menschlichem Blut befleckt. [...] Dazu ergoss sich überall Wasser aus dunklen Quellen, und düster standen, ohne Kunst und roh aus Holz gehauen, Götterbilder da, geisterhaft vermodert ..." (Lucanus 3, 400-425)

Sieben Gründungsheilige, die Anführer der keltischen Flüchtlinge, die vor den Angeln und Sachsen geflohen waren, werden in den bretonischen Bischofsstädten verehrt, dazu noch viele geflohene Mönche und Eremiten. Nahezu jede Gemeinde hat ihren eigenen Heiligen, dem meist eine Quelle geweiht ist. Insgesamt sollen es 7777 Heilige sein.

Legende vom heiligen Efflam (37 Strophen)

Als Arthur sah Sanct Efflam dort,
er richtete an ihn das Wort:
"Herr Pilger, wolltet reichen ihr
doch einen Tropfen Wasser mir."

"Wird Gottes Hilfe mit mir sein,
euch kann ich Wasser wohl verleihn."
Mit seinem Pilgerstab sodann
er dreimal klopft` am Felsen an.

Drauf eine Quelle gleich entstand,
die spritzte von der Felsenwand;
Held Arthur Labung sie verschafft`,
und gab ihm wieder Mut und Kraft.

Das Brotritual

St-Efflam ist einer der keltischen Heiligen, die im 5. Jh. n. Chr. aus Britannien in die Bretagne einwanderten. Am westlichen Ende der Bucht von St.Michel-en-Grève an der Nordküste der Bretagne soll er als Eremit gelebt haben. Als Schutzpatron der gehörnten Ehemänner hilft St-Efflam die Wahrheit ans Licht zu bringen. Dazu muss man drei Brotstücke auf das Wasser des Brunnens legen, die stellvertretend für den Ehemann, die Ehefrau und den Heiligen stehen. Bewegt sich das den Heiligen symbolisierende Brotstück auf die anderen beiden zu, so weiß der Mann, dass ihm die Frau treu geblieben ist. Entfernt es sich aber von ihnen, so ist das Gegenteil der Fall.

Auch Heiratsaussichten sind über das Brotritual beim Heiligen zu erfahren: In diesem Falle symbolisieren zwei Brotstücke die beiden Verlobten. Die Annäherung oder Entfernung auf der Wasseroberfläche der heiligen Quelle verrät dann das, was sich auch im wirklichen Leben ereignen wird. Und für den Fall, dass man bestohlen wurde, ist das Ritual in abgewandelter Form anwendbar. Um die Frage nach dem Täter zu klären, benötigt man die Namen der zwei Verdächtigen. Morgens auf nüchternen Magen zwei gleich große, mit den Namen der beiden in Frage kommenden Diebe beschriftete Brotstücke in das Brunnenwasser geworfen und abgewartet - das zuerst untergehende Stück verrät den Schuldigen.

Der größte Heilige der Bretagne St-Yves ist kein keltischer Einwanderer wie die fünf Hauptheiligen, sondern wurde Jahrhunderte später (1253) in Tréguier geboren. Er ist der Schutzheilige der Richter und Rechtsanwälte, die auch heute noch im Mai in der Bretagne zahlreich um die Vergebung ihrer Sünden bitten. Das Grabmal des St-Yves befindet sich in der Kathedrale von Tréguier direkt bei Lannion. Die Pfarrgemeinde Loguivy-lès-Lannion, die an an der Nordküste der Bretagne liegt, beherbergt gleich zwei heilige Quellen, die beide dem Heiligen Saint-Ivy geweiht sind. Das Wasser der Quelle ("Saint Ivy du Haut") soll die Fähigkeit haben, kleine Kinder von Koliken zu heilen. Die zweite heilige Quelle soll die Fähigkeit haben, bei Neugeborenen vorauszusagen, ob jene weiterleben werden. Dabei muss man das Hemd des Neugeborenen in das Brunnenbecken tauchen. Schwimmt es oben, so wird das Kind weiterleben. (Daniel Spoerri, Marie-Louise Plessen: Heilrituale an bretonischen Quellen).

Ein ganzes Museum, das 'Trésor de la basilique', ist mit Votivgaben vollgestopft: Man findet hier alle Arten von spitzen Gegenständen, die Kleinkinder verschluckt hatten, Näh- und Sicherheitsnadeln, Nägel, Schrauben etc,. Außerdem gibt es gestrickte und gehäkelte Babyschuhe, Babymützen, Babyleibchen; ein mit zwei Kugeln durchschossener Stahlhelm aus dem ersten Weltkrieg, den eine Frau nach dem Tod ihres Mannes spendete, das Foto eines Panzers, den General Dio 'Ste Anne d'Auray' nannte, Sporttrophäen wie die gelben Trikots von Tour-de-France-Siegern, Gewehre und andere Waffen, Orden, Krücken, Hochzeitsfotos und vieles andere mehr.

Lez - Breizh,
Nationalgesang der Bretonen
(55 Doppelzeilen zum Sieg über die Franzosen)

Herr Lez - Breizh zog zu dem Kampf hinab,
ihm folgt allein sein kleiner Knapp`.

Sankt Anna von Armors Kirchelein,
da ging zu beten er fromm hinein:

Heilge Frau Anna, gebenedeit,
sehr jung ich einst euch mich zuerst geweiht.

Wir siegeten all in jedem Streit,
durch euch, o Jungfrau, gebenedeit.

Kehr ich, wie immer, nach Haus zurück,
gebt ihr mir, o heilige Anna, Glück.

(Volkslieder aus der Bretagne v. Keller und Seckendorff, Tübingen 1841)

Exkurs: der Annenkult


Anna, Maria und das Jesuskind im Stift St.Florian

Anna, die Großmutter Jesu

Die heilige Anna ist die Schutzpatronin der Bretagne. Hinzu kommt die Namensgleichheit mit der letzten Herzogin der Bretagne, Anna Vreizh (frz. Anne de Bretagne), die als Verteidigerin gegen die französische Krone ebenfalls eine große Verehrung genießt.

Anna, eine dreifache Muttergöttin, entspricht der Urmutter der Kelten, der keltischen Bethen-Trinität. Als "Anna Selbdritt" wird diese göttliche Trinität auch im süddeutschen Raum und in Österreich seit dem 14.Jh. verehrt. Damit wurde die alte Glaubensvorstellung von einer Erd- und Urmutter in den katholischen Glauben integriert. http://www.diekelten.at/anna.htm

"Anna war ein selig Weib / Drei Marien gebar ihr Leib / Drei Mannen hatt sie zur Eh / Joachim, Cleophas, Salome / Joseph ward Marien geben / die gebar Jesum unser geistlich Leben / Alphaeus die ander Maria nahm / die gebar Jacob, Joseph, Simon und Judam / Die dritte Maria war nicht verlassen / sie gebar aus Zebedaeo Johannem und Jacob den Großen". (Legenda aurea des Jacobus de Voragine)

Als Ausdruck einer Art Ahnenkult wird Anna als Anna Selbdritt mit drei Ehemännern und dem Schwiegersohn Josef und zusammen mit den Personen aus der Legenda aurea dargestellt. Das Motiv der heiligen Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesusknaben ist im MA ein häufiges Andachtsbild, das ebenfalls auf diversen Münzen und Siegeln zu finden, die Stadt Annaberg-Buchholz im Erzgebirge trägt eine Anna selbdritt im Wappen.

Anna wird hier in St. Marien, Loxstedt bei Cuxhaven, 15. Jh., als Mittelpunktfigur mit Jesus und Maria auf dem Schoß dargestellt. Um sie herum stehen die drei Ehemänner und der Schwiegersohn Josef. Nach rechts schließen sich Maria Salome und Zebedäus mit ihren beiden Söhnen an, links sehen wir Maria Cleophas mit Alphäus und ihren vier Söhnen. Die 17 Personen sind zu drei Gruppen in Familien zusammengefasst.

In der Bibel wird Anna, die Großmutter Christi, nur ganz am Rande erwähnt. Lediglich bei Lukas II, 36 und 38 wird kurz auf sie hingewiesen. Doch auch hier wird sie nicht ausdrücklich als Großmutter Christi bezeichnet. Ihre Reliquien sollen im Jahr 776 in Apt en Provence während der Ostermesse im Beisein von Karl dem Großen von einem blinden Taubstummen unter recht dubiosen Umständen aufgefunden worden sein. Während der Messe soll dieser plötzlich damit begonnen haben, den Boden der Kirche aufzukratzen. Man fand darauf einen Reliquienschrein mit der deutlichen Aufschrift "Hic est corpus beatae Annae matris virginis Mariae" ("Hier befindet sich der Körper der glückseligen Anna, Mutter der Jungfrau Maria"). In der daraufhin ausgegrabenen Krypta der Kirche soll auf wundersame Weise noch immer ein ewiges Licht gebrannt haben. Manche erkennen in der ganzen Geschichte um die Großmutter Christi den Versuch der Kirche, an diesem Ort einen bedeutend älteren, hier seit undenklichen Zeiten ausgeübten megalithischen Quellenkult zu überdecken.

"Anna warm und trocken, macht den Bauer frohlocken."

"Ist Sankt Anna klar und rein, wird das Korn bald geborgen sein." 26.Juli


St.Mathieu, Finistere, mit Klosterruine, Leuchtturm, Radarturm und hl.Quelle

Die Müllerin von Pontaro

Zu Bannalek am Ablasstag
man junge Mädchen stehlen mag.
Und die Mühl` ruht nie:
Diga diga di.
Und die Mühl` geht um,
Diga diga dum....

Die Müllerbursch` sind lustig sehr..

Krausbrot und Butter schmeckt wohl fein,
jedem dazu vom Sack das Sein
und auch die schönen Mägdelein.
Und die Mühl` ruht nie:
Diga diga di.
Und die Mühl` geht um,
Diga diga dum.

"Ist St. Anna erst vorbei, kommt der Morgen kühl herbei." (26.Juli)


Figuren aus dem Kalvarienberg von Plougonven

"Kenavo" (bretonisch)
"Auf Wiedersehen"
"
Trugarez"
"
Danke"

Kurioses aus dem westlichen Spanien

Kurioses aus Portugal

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