Nach dem Gedicht „Der Ort“ von B. Jentzsch

Wo ich lernte wie Wasser seinen Weg sucht

Wo ich mein Schifflein schwimmen ließ

Wo ich einen Staudamm errichtete

Wo ich mit dem Freund spielte

Wo ich nasse Füsse bekam

Wo ich oft hineinfiel

Wo heute das Wasser in Rohren fließen muß

Nach einem Beispieltext von G. Kunert, 29.9.04

Aus dem Baum heraus
Hoch oben sitzend, umherschauend
Stille, alles beinahe überblickend
Wiese, Felder, Weite sehen
Auch Wälder, die leben
Wie lange noch
kurz ?

Fernseher

Die Vielfernseher wissen, was man so weiß

Wie die bekannten Fernsehstars heißen

Welchen Werbespot es wofür gibt

Welche Serien zur Zeit laufen

All das kenne ich weniger

Sehe in andere Ferne

                                   Toni Thonemann

Variation zu "Auf der Galerie" von Franz Kafka

Wenn Lieschen Müller in den Supermarkt geht, vor dem großen Tiefkühlschrank steht, von vielen Kunden bedrängt wird und nicht weiß was sie kaufen soll, weil ihr Mann sich mal wieder nicht geäußert hat und wenn sie eigentlich schon zu Hause sein müßte, und so viele Leute an der Kasse anstehen sieht, dann bekommt sie Bauchschmerzen.

Vielleicht wäre es besser, wenn sie heute abend einfach zum Essen ausgingen, dann könnte sie jetzt den Einkaufswagen einfach stehen lassen wo er steht, dann ginge sie schnurrstracks an den Kassen vorbei, dann wäre sie jetzt erleichtert und sie riefe mit Freude hinaus: „ihr könnt mich alle mal!“

Da es aber nicht so ist, muß sie sich jetzt sofort entscheiden und irgend etwas mit nach Hause bringen, was ihm vielleicht gefallen könnte, wobei sie sich dabei noch beeilen muß. Und daher fährt sie frustig mit ihrem Einkaufswagen stramm an Regale vorbei an deren Ecken sie anrempelt und zudem andere Kunden in die Hacken fährt an die Seite drängelt und in die Flucht schlägt. Da dies so ist, ist sie dem Filialleiter aufgefallen und er beschließt sie anzusprechen.

Eine Geschichte in zwei Anläufen

Version A (10.3.04)

Während der standesamtlichen Trauung, als die Ringe getauscht werden sollten und der Bräutigam dabei nervös auf den Standesbeamten schaute, sagte die Braut auf die Frage des Standesbeamten, ob sie Hubert Pröttelbock zum Ehemann ehelichen wolle – „nein!“

Eisig klang es. Stille, Totenstille herrschte. Die Gäste schauten nach vorn zum Beamten, manche sich an. Es war als läge Gewitterluft über allen, alle warteten auf den Donnerschlag, der Blitz hatte ja schon eingeschlagen.

Doch was war das? Ein kleines Kind machte sich auf, rannte nach vorn auf die Braut zu und rief: „Mamma, ich muß Pipi!“ Die Braut und Mutter drehte sich um, faßte das Kind an die Hand und lief schnellen Schrittes dem Ausgang zu.

Der Standesbeamte, der wieder Farbe ins Gesicht bekommen hatte, rief in Richtung der Braut: „Egal, ob sie gehen oder wiederkommen, die Gebühren werden in jedem Fall fällig.“

Version B

Während der standesamtlichen Trauung, als die Ringe getauscht werden sollten und der Bräutigam dabei nervös auf den Standesbeamten schaute, sagte die Braut auf die Frage des Standesbeamten, ob sie Hubert Pröttelbock zum Ehemann ehelichen wolle – „nein!“

Der Standesbeamte schluckte, rang nach Luft und bekam einen roten Kopf. „Habe ich sie richtig verstanden, sie haben gesagt – nein, sie wollen also Hubert Pröttelbock nicht zum Ehemann?“ „Ja“ sagte die Braut. Ein Rumoren ging durch den Raum. „Unmöglich“, rief ein Hochzeitsgast laut aus, ein anderer murmelte vor sich hin „dann gibt`s wohl keine Feier.“

Plötzlich, fast ruckartig drehte sich die Braut um und schnellen Schrittes lief sie zur Tür hinaus.

Nach kurzer Zeit tauchte sie wieder auf. An ihrer rechten Hand hielt sie ein kleines Kind, das gerade laufen konnte, an ihrer Linken ging ein fremder, junger Mann. Zielstrebig jedoch dabei fast feierlich, ging die „heilige Familie“ auf den Standesbeamten zu. Die Hochzeitsgesellschaft verstummte, alle Augen richteten sich auf die drei. Als sie vor dem Standesbeamten angekommen waren, drehten sie sich um und die Braut rief in den Raum: „Diese beiden sollen meine Liebsten sein, er ist mein Bräutigam!“

Der eingeladenen Hochzeitsgesellschaft wurde warm und kalt zugleich. Einige verdrehten die Köpfe „Was geht hier vor?“ rief ein Gast in die Runde.

Da, nun schickte sich der beinahe Bräutigam an, etwas zu sagen, er schrie es wütend aus sich heraus und in den Raum „Ich habe es ja immer irgendwie geahnt, du wolltest nur mein Geld, warst hinter meinem Geld her.“

Erneute Stille, keiner bewegte sich, eine Nadel hätte fallen können, alle hatten es gehört.

Sozusagen aus einer tieferen Etage fragte plötzlich das Kind ganz unschuldig: „Mama, warum schreit der Hubert denn so?

„Das verstehst Du noch nicht, mein Kind“ sagte die Mutter. 

„Doch“, sagte das Kind, „wenn ich zwei Papas hätte, hätte ich bestimmt immer einen zum Spielen.“

                                                                                              Toni Thonemann