Menetekel

mit Frau und Mann, Licht und Dunkel, Atmung und Herzschlag

im Happyend der Regentropfen

 

I. Bild

 

Eine Frau betritt die Bühne und geht zur Rampe und steht eine Weile mit dem Gesicht zu den Zuschauern.

 

F mit fester Stimme: Ich bin zuversichtlich

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

F: Ich bin ganz zuversichtlich

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

F flüstert: weil heute so ein schöner Tag ist.

 

F fröhlich: Ich bin zuversichtlich

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

F: Ich bin ganz zuversichtlich

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

F summt die Melodie: So ein Tag, so wunderschön wie heute.

 

Ein Mann betritt die Bühne und geht zur Rampe, stellt sich neben die Frau und steht eine Weile mit dem Gesicht zu den Zuschauern.

 

M: Wir werden die Oberhand behalten

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

M: Wir werden sicher die Oberhand behalten

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

M schreit: weil heute unser Tag ist

 

M: Wir werden die Oberhand behalten

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

M: Wir werden sicher die Oberhand behalten

Angestrengtes Atmen aus einem Lautsprecher

M. grölt die Melodie: We are the champions

 

F zum Mann: Ich bin zuversichtlich, dass das Gute die Oberhand behalten wird.

M zur Frau, sie in eine süße Wolke hüllend: Du Gutmütige

F zum Mann: Ich bin ganz zuversichtlich, dass das Gute die Oberhand behalten wird.

M zur Frau, sie in eine süße Wolke hüllend: Du Grundgütige

F zum Mann: weil heute so ein schöner Tag ist

 

M und F abwechselnd, im gemeinsamen Spiel die Handflächen gegeneinander schlagend

 

M: Wir werden sie abdrücken

F mit fester Stimme: Ich bin zuversichtlich

M: Wir werden sie killen

F mit fester Stimme: Ich bin zuversichtlich

M: Sie werden die Grätsche machen.

 

Beide tanzen eng umschlungen zur Melodie: So ein Tag, so wunderschön wie heute.

 

Dabei halten sie einmal an und rufen: Das ist der Sturm, in dem wir fliegen.

 

Wiederholung der 1.Strophe.

 

Die Frau summt eine selige Melodie und der Mann hüllt sie in eine Wolke. Plötzlich erstarren beide und atmen nicht mehr. Das Licht geht aus.

 

II. Bild

fort schritt

 

Beide eng umschlungen: So ein Tag, so wunderschön wie heute.

 

Die Frau summt eine selige Melodie und der Mann hüllt sie in eine Wolke. Plötzlich erstarren beide und atmen nicht mehr. Das Licht geht aus. Pause. Dunkel.

 

Ein großes Herz erscheint in der Mitte des leeren Raumes, während allmählich das Schlaggeräusch eines Herzens immer lauter wird. Plötzliche Stille.

 

Eine Stimme:

Und der Mann? Wer ist der Mann, wenn ich die Frau sein sollte? 

(Herzschlagen)

Ist es ein Mann oder der Reflex, den ich nicht habe?

(Lautes Atmen)

Wen meinst du mit 'sie'?

Wer soll gekillt werden?

 

Melodie: So ein Tag….,(während das leuchtende Herz verlischt). Dunkel.

Eine Tür wird zugeschlagen und Schritte entfernen sich.

 

III. Bild

Im atemspiegel

 

Es erscheint im dunkel des raumes ein leuchtender bilderrahmen oder ein gitarrenkörper ohne saiten, aus dem sichtbar ein atemstrom herausquillt wie an einem wintermorgen.

 

Der atemstrom formt sich zu buchstaben. Eine tiefe, ausdruckslose stimme beginnt zu sprechen. Die worte fließen langsam und ohne pause in den raum:

 

Wenn die Unverbrüchlichkeit ihr zugedachtes Maß übersteigen will, schließe die Augen und bemale sie von innen mit den Illusionen eines zum  Leben Verurteilten. Wenn die Leiden ihren Zenit betrachtet haben, werden sie womöglich beschließen, denjenigen zur Rechenschaft zu ziehen, der nichts zu verantworten hat. Denn: immer noch werden Menschen geboren und gestorben und sehen sich niemals wirklich leben hinter den herabgelassenen Jalousien im Schlaglicht des Südens. Weder die Erinnerung noch die wahre Begebenheit werden sich zu dem Sein verdichten, in dem Leben möglich ist trotz geschlossener Grenzen und sich lichtender Horizonte. Hundertprozentig versichert und unterm rauen Gähnen der ewigen Wiederkehr werden unsere Gedanken sich überschlagen und nie die Wurzel ziehen aus dem vielfachen Gemeinsamen, welches unterm Strich immer wieder gleiche Ergebnisse und denselben Blutzoll fordert, den irgendwer vergessen hat, ins Grundbuch einzutragen.

 

Im bilderrahmen erscheinen schattenhaft vorbei laufende gestalten, die vielleicht einander verfolgen. Einige male leuchtet  ein kleines licht auf, als ob ein streichholz angezündet wird oder am nachtschwarzen himmel ein stern aufleuchtet.

 

Der nebeldunst des atemstroms quillt nach kurzer zeit wieder aus dem raum. Diesmal kommt er auf der ganzen breite aus dem raum hinter dem rahmen bzw. gitarrenkörper. Ein tiefer celloton trägt das geschehen.

 

Als das erlebnis unerträglich wird, öffnest du deine augen. Um dich herum erblickst du immer nur dich, deine staunenden augen. Als du mit den händen nach vorn greifst, spürst du hartes, glattes glas. Du bist allein, eingesperrt in einem kasten.

 

Deine verschiedenen Münder beginnen gleichzeitig zu sprechen. Alle sprechen dieselben worte.

 

Das Spieglein an der Wand hielt den Atem an, den es kurz vorher noch hörbar in den Raum entlassen hatte mit dem Ziel, Leben vorzutäuschen. Nur einer inhalierte, wer dieser jemand auch war, nichts konnte ihm das Sein klarer verspiegeln als dieses kurze Beschlagen durch Atem dort, wo keiner hingehörte. Wenn jenes im Raume steht, und das tut es nie, dann erst gehen die seligen Lichter aus, hüllen die Männer die Frauen in summende Wolken aus herzlieb und dunkel und das große Herz wird plötzlich still.  Nicht meines, nein, doch nicht meines, das schlägt und schaut und lächelt noch immer und summt hinter den Liederlichen her und verspottet sie noch immer nicht und liebt alle Welt, dies dumme Herz, dies Herz

 

Als du schließlich deine augen wieder schließt, hörst du eine melodie. Du

summst die melodie mit, eine wolke hüllt dich ein.

Dunkel.

Ein großes herz erscheint in deinem körper, du spürst das schlaggeräusch, das  immer lauter wird.

Plötzliche Stille.

Dunkel.

Du hörst Schritte, die immer näher kommen. Eine Tür wird geöffnet und ein Aufatmen, vielleicht ein Aufseufzen wird hörbar. Du hältst ruckartig den Atem an. Stille.

 

IV.
achtern

 

Im Vordergrund liegt eine menschliche Gestalt auf dem Boden. Ihre Worte:

 

O Gott, o Gott, das Herz steht still,
ich bin nicht sicher, ob ich's will.

 

In die Stille hinein fallen große Regentropfen, die in deinem Herzen zerplatzen und es wieder zum Schlagen bringen. Es entsteht ein Konzert aus aufplatzenden Regentropfen und unregelmäßigen Herzschlägen. Der Rhythmus steigert sich, tritt zurück, wird überdeckt vom tirilierenden Gesang einer aufsteigenden Feldlerche. Die einzelnen Regentropfen gehen über in einen rauschenden Regen, aus dem heraus eine Amsel laut ihre Melodien schlägt. Ein Summen von Bienen, ein Gurren von Tauben bleibt, während leichte Windgeräusche durch die Bäume gehen und von fern her Zikaden den Raum mit ihren Sonnengesängen füllen.