Teil II

Peru


Romantisierende Inkamythologie:
Sonne, Mond, Kondor, Schlange, heilige Versteinerungen und Menschenopfer

Teil I: Bolivien (21 Seiten, 27 Fotos)

Peru: Infos zur politischen Situation, Landkarte, Flaggen, Geschichte (5 Seiten)

Themen:

Die Mumienverehrung und die Verehrung des Leibes Christi
Heilige Orte der Inkas
Warum besiegten wenige Spanier das große Inkareich?
Quechua, die Sprache der Inkas

Von der Isla del Sol nach Puno in Peru, 180 km

In Peru ändert sich überraschend die Landschaft: dichtere Besiedlung, fruchtbarere Erde. Den Menschen geht es besser. Alle Häuser sind mit Wellblech gedeckt und funkeln in der Sonne. Auf den Wiesen blühen viele Blumen, gelbe Felder, Kühe, Schafe, Lamas, Alpakas, eine paradiesische Landschaft neben einem unendlich langen Bergsee. Mein erster Eindruck: Wenn eine Fahrt in ein Andenland, dann bietet wohl am ehesten Peru die schönsten Landschaften und die vielfältigsten Kulturen.

Puno , 3838 m


Die Masken der Umzüge als Andenkenkitsch

Die Karnevalsumzüge

Während ich hier in Puno meinen Bericht schreibe, dröhnt von draußen die laute Musik von Festumzügen herein, die schon den ganzen Tag durch die Strassen der Stadt ziehen. Es wird das Fest der Virgen de la Candelaria, Maria Lichtmess, gefeiert. Der Hintergrund des Tanzes ist die Darstellung der Selbstunterwerfung der Indios unter den katholischen Glauben zur Zeit der "Conquista". Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren diese "Indiotänze" von der Oberschicht nicht so richtig geduldet. Erst die Zunahme von nationalem und internationalem Interesse an "Exotischem" und die touristische Zugkraft des Spektakels haben einen Sinneswandel herbeigeführt, und so sind die einstigen Zuschauer zu den heutigen Hauptakteuren geworden.

Die Karnevalsveranstaltung ist eine skurrile Mischung aus Aberglaube, Mystik, Show und kolonial - katholisch geprägter Religiosität. Die Vorbereitungen für diese Umzüge finden bereits im November des Vorjahres mit Schwüren vor der Jungfrau statt. Der Karnevalsfreitag wird mit Zeremonien zu Ehren des "Tio" gefeiert, und dann geht es samstags tanzend zur katholischen Kirche, wo die Tänzer zur "Misa" (=heilige Messe) eintreten. Danach werden die "Sieben Todsünden" getanzt, und Sonntagabend wird noch einmal die Virgen verehrt. Beschreibung der Tänze

Bei den Umzügen tanzen Teilnehmer in Kostümen und Masken ähnlich wie in Potosi jeweils vor einer Madonnenfigur. Der Figur folgen im Gegensatz zu Potosi Bürger in dunklen Feiertagskleidern.

Ich habe mit einem Österreicher gesprochen, der von dem Rhythmus, der Ausdauer und der Begeisterung der Leute ganz hingerissen war. So etwas habe er in seinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Das gebe es in seinem Land nicht.

Die Schilfinseln der Uros

Der Titicaca-See ist ein gewaltiger See mit einer Länge von etwa 195 km und einer maximalen Breite von 75 km. 36 Inseln ragen aus dem See. Während ein Teil der Uferzonen sehr seicht ist und beste Bedingungen zum Wachsen der Totora (Schilfart) bietet, fällt das Ufer an anderen Stellen bis zu 50 m steil ins Wasser ab. Die tiefste Stelle des Sees liegt bei 281 m.

Die Totora hat große Bedeutung für das tägliche Leben der Bewohner des Sees: es ist Rohmaterial zur Herstellung der Boote (Caballitos de Totora), für kunsthandwerkliche Erzeugnisse und sogar für die künstlichen Inseln der Uros.

Heute waren wir in den schwimmenden Dörfern der Uros. Sie bauen ein halbes Jahr an einer Insel, um ein schwimmendes Schilffundament von 2 m Dicke fertig zu stellen, das an langen Seilen im Boden verankert wird. Auf den Schilfinseln stehen mehrere Häuser. Etwa vier Stunden halten wir uns bei traumhaftem Wetter zwischen einer Gruppe von Kunstinseln auf. Die Familien führen uns wie in einem Freilichtmuseum ihre traditionellen Techniken vor und wollen ihre kunsthandwerklichen Teppiche u.ä. verkaufen. Auf einigen Insel sind die Dächer der Hütten schon "fortschrittlich" mit Wellblech abgedeckt. Für die Touristen sind auch Aussichtstürme und phantasiereiche Boote aus Schilf gebaut worden. Viele Indios leben hier nur für und von dem Tourismusgeschäft. Es soll noch entferntere Dörfer im See geben, die von den Touristenbooten selten angefahren werden. Aber wir haben natürlich zu wenig Zeit. Auch die Insel Taquile mit ihren alten Traditionen liegt mit 7 Stunden Fahrzeit zu weit weg. Schade.

Zur 500-Jahrfeier der "Entdeckung" Amerikas bzw. der spanischen Invasion in Amerika gedenken die Chipayas (Urus) durch Demonstrationen und Straßenblockaden auf ihre Weise dieses für die ursprünglichen Einwohner Amerikas verhängnisvollen Ereignisses .

Die katholische Kirche schreibt dazu im Katalog des Vatikans auf der EXPO, 1992, es gebe doch auch "wunderbare Aspekte" der Geschichte Lateinamerikas. Schließlich sei den Ländern Amerikas vor 500 Jahren erstmals die Botschaft Jesu Christi, des "fleischgewordenen" Gottessohnes und Erlösers der Menschen, verkündet worden.

„Erst der katholische Glaube brachte den dortigen Kulturen, die zuweilen inhumane Züge trugen, eine Vorstellung von der Wertschätzung des Menschen und des Lebens, die auf Vertrauen und Liebe basiert. Es war der katholische Glaube, der von Anfang an eine Bewegung zum Schutz der Indianer und zur Verteidigung ihrer Rechte inspirierte. Dieser Glaube war es auch, der die reichhaltige Mischung der Rassen hervorbrachte, wundervolle Menschentypen und neue Formen des Zusammenlebens und der Kultur, weil der Glaube die Saat des Evangeliums bei den autochthonen Zivilisationen aufgehen ließ". (S. XVIII)

Die Begräbnistürme von Sillustani

Die runden Begräbnistürme von Sillustani am Ufer des Sees Umayo liegen in einer wunderbaren, "irisch-schottischen" Landschaft. In Zeiten vor den Inkas, in der Colla-Kultur um 1200 n.Chr., wurden die Vornehmen der Gesellschaft hier beigesetzt. Beim Begräbnis eines bedeutenden Mannes wurden 20-30 Lamas verbrannt, Frauen, Kinder und Diener getötet und weitere Personen mit den Toten lebend in den Grabturm eingemauert, um dem Toten zu dienen. Die Inkas übernahmen später den Brauch und bewahrten hier ihre Mumien auf.

Ich schreibe bei schönstem Wetter. Der Himmel ist fast ohne Wolken. Und es ist sehr warm trotz der 4000 m Höhe und des Windes. Mir geht es noch immer gut. Die Gewöhnung an die Höhe macht Fortschritte. Fast habe ich die letzte Nacht durchgeschlafen, obwohl die Karnevalsumzüge bis 2 Uhr nachts andauerten.

Mal sehen, ob heute einer von der Reisegruppe das erste Meerschweinchen isst?
Meerschweinchen waren schon zur Zeit der Inka eine Delikatesse. Sie werden nicht nur als Nahrungsmittel gebraucht, sondern auch als Opfertier bei "Heilungen" durch die Anden-Schamanen, die Callawayas.

Von Puno über Raqchi nach Cuzco , 10 Std

Raqchi, 3480 m


Dorf und Ruinen von Raqchi

Hier besichtigen wir interessante Ruinen aus der Vorinka-Zeit. Der Tempel lag an dem Inkapfad, der Tucuman in Argentinien und Pasto in Kolumbien miteinander verband, und war eine Pilgerstätte des Schöpfergottes Wiracocha und ein Verwaltungszentrum der Inkas.

Neben einer großen Tempelhalle mit einer 12 m hohen Stützmauer und 21 Säulenresten finden sich noch Reste von 160 runden Vorratshäusern, 8 m im Durchmesser und 4 m hoch. Hier lagerten die Inkas u.a. Mais, Trockenfleisch, Quinoa-Korn und gefriergetrocknete Kartoffeln aus allen Teilen des Reiches. Kleinere Speicherbauten gibt es auch in Cusco, Machu Picchu und anderen Inka-Städten. Man fand noch eine Reihe von Knotenschnüren, mit denen die Inkas Buch über ihre Vorräte führten.

Daneben stand ein Wohnviertel mit 7 Innenhöfen, vielleicht Wohnungen der für den Inka ausgewählten Frauen.

Nicht weit vom Tempel liegt ein künstlich angelegter See in Halbmondform (Symbol des göttlich-weiblichen Mondes), der von 5 künstlichen Quellen des Inka-Bades gespeist wird. Umgeben wird der ganze Komplex von einer 7 km langen Mauer, 2 m dick und 4 m hoch. Alle Steinbauten wurden aus Vulkanstein erbaut. Die alten Terrassen werden noch heute von den Bewohnern des nahe gelegenen Dorfes Raqchi (80 Familien) genutzt.

In Tinta, wenige Kilometer entfernt, dem Geburtsort des Freiheitshelden Tupac Amaru II, der 1780-1784 den größten Aufstand Perus gegen die Spanier anführte, halten wir nicht und erfahren auch nichts von dieser Volksrevolution, die von den Spaniern mit äußerster Brutalität bekämpft wurde. Dem Anführer wurde nach dem Verrat die Zunge abgeschnitten, nach misslungener Vierteilung wurde er geköpft, sein Rumpf verbrannt, um auch seine Seele zu töten, und seine übrigen fünf Körperteile wurden in verschiedene Städte gebracht. Darauf wurden die Inkasprache Quechua, die Bräuche und die Kleidung verboten. Die Bevölkerung musste die Kleidung südspanischer Bauern tragen.


Im Dorf Andahuaylillas

Die "sixtinische Kapelle" von Andahuaylillas, eine Lehmziegelkirche der Jesuiten mit Fresken und Bildern, 40 km vor Cusco, ist unser nächstes Ziel.

Nach dem letzten Pass verändert sich die Landschaft. Fruchtbare Felder, Bäume, dichte Besiedlung, obwohl wir weiterhin noch auf 3400 m Höhe bleiben.

Das Hotel Akitos ist wieder ein Hinterhof mit 2 Sternen. Zimmer ohne Fenster, aber mit TV. Hier bleiben wir 4 Nächte. Als wir zum Abendessen gehen, setzt ein tropischer Regen ein. Sturzbäche. Die Straßen verwandeln sich in Flüsse.

Cuzco ( "Zentrum"),
seit 1200 die Hauptstadt der Inkas, 3430 m


Im Hintergrund links die Kathedrale

Die antike Stadt wurde vom Inka Yupanqui erbaut. Statt aus Lehm und Stroh ließ er sie aus Stein errichten. 20 Jahre lang arbeiteten mehr als 50 000 Männer an der Errichtung von Aquädukten, Vorratsspeichern, Tempeln und Palästen, wobei der Stadtgrundriss die Form ihres Totemtieres, des Pumas, annahm. Von hier aus führte ein Straßennetz von 23 000 km in alle Ecken des Reiches. Alle wesentlichen Elemente des Reiches, die Häuptlinge der unterworfenen Völker, ihre Eliten, die fremden Götter, die Handwerker, Weber, Metallarbeiter und Töpfer wurden nach Cuzco gebracht. Alle Produkte, Getreide, Bohnen, Knoblauch, Baumwolle, Erdnüsse, getrockneter Fisch und Meeresmuscheln, mussten als Abgaben in die "Heilige Stadt" gebracht werden.

Zu typischen Merkmalen der Inka-Architektur entwickelten sie die trapezförmigen Tür- und Fensteröffnungen und die Architrave.

Unser Reiseleiter macht mit uns einen Orientierungsspaziergang durch die Stadt. Aus der Inka-Zeit haben sich vorwiegend die Steinmauern der alten Tempel und Paläste erhalten, die nun die Grundmauern der Häuser bilden.

Die alten Kolonialbauten wurden 1650 durch ein Erdbeben zerstört. Nur die Inkamauern blieben erhalten. Erst 1950 und 1986 waren die letzten Erdbeben. Das Stadtbild und die Plätze werden von Kirchen geprägt. Schmale, ansteigende Gassen, die nicht für den Autoverkehr gesperrt sind, bestimmen das Bild der übrigen Altstadt. Teile der Inkamauern werden von Wächtern bewacht. Eine Trillerpfeife sorgt dafür, dass wir uns beim Fotografieren nicht an den berühmten 12eckige Stein in einer Mauer anlehnen.

Erwähnenswert finde ich die Präsentationen im Präkolumbianischen Museum und im Museum für religiöse Kunst.


Der Eingang der Kathedrale

Die Kathedrale zeigt wie auch andere Kirchen ihre materiellen und religiösen Werte: Silberaltäre und unzählige überirdische Helferfiguren. Die Figuren drücken durch ihre Mimik meist Schmerz und Ergebenheit aus. Der Schmerz wird durch viel Blut und viele Wunden besonders verdeutlicht. Neben den weltabgewandten Heiligenfiguren führen die Schnitzereien der Chorgestühle die sinnliche Weltnähe der Geistlichen vor, die ihre Hände auf die nackten Bäuche und Brüste von Frauengestalten legen konnten, um die Eintönigkeit bei Gebet und Gesang durch angenehme Handschmeicheleien sinnlich zu würzen.

Ein schwarzer Christus als Herr der Erdbeben und ein Meerschweinchen auf dem Abendmahlstisch sind weitere Bildkuriositäten in der Kathedrale.

Im schönen ehemaligen Palast des Erzbischofs befindet sich das Museum für religiöse Kunst, das ebenfalls interessante Objekte bietet: pyramidenartige Berge als Madonnen (wie die sog. Schutzmantelmadonnen), das Jesuskind als fest eingeschnürtes Baby und die göttliche Dreiheit mit drei identischen Köpfen bei der Königinnenkrönung der Gottesmutter Maria.

Mehrfach sehe ich solche Darstellungen in Klostermuseen: Ölbilder, auf denen die drei göttlichen Gestalten des Christentums Vater, Sohn, Geist völlig gleich als junge schnauzbärtige Granden dargestellt sind. (In den koptischen Kirchen Nordäthiopiens werden sie als drei alte Männer mit langen weißen Bärten dargestellt; s.Reisebericht Äthiopien).

Weitere Bilder zeigen eine große Prozession, die die Einführung der Verehrung des Leibes Christi darstellen. Der Prozessionswagen mit der Monstranz, die die in den göttlichen Leib verwandelte runde, weiße Mehlscheibe (Hostie) zeigt, wird von königlichen Inkas angeführt, während im Vordergrund einfache Indios sich von dem Geschehen zu distanzieren scheinen, indem sie dem Betrachter ein Auge zukneifen. Eine Inkafrau ist in spanischer Kleidung dargestellt, was vielleicht auch auf die nicht unübliche Heirat zwischen spanischen Adeligen mit Inkaprinzessinnen hinweist. Eine schwarze Maurin verkauft auf einem Bild maurisches Gebäck, das einige Indios essen.


Das Jesuskind in lockerer Bauchlage auf einem Bett

In weiteren Bildern finden wir spanische Ritter als Begleiter der Maria auf ihrer Flucht nach Ägypten, während sie einen Cowboyhut trägt. Typisch für die indianischen Maler sind die dekorativen Elemente, die sie den südamerikanischen Landschaften entnommen haben, wie z.B. Pflanzen und Vögel des Amazonasgebietes.

Zur Malerei der Kolonialzeit

Die mit den Soldaten und Mönchen angekommenen Künstler bauten Kirchen und Städte im altertümlich-ländlich-andalusischem Stil. Der neue Kontinent sollte mit europäischer Kunst ausgestattet werden. Aber statt des europäischen Renaissancestils findet sich ein später barocker Manierismus, statt der Auseinandersetzung mit den Gedanken des Erasmus von Rotterdam findet sich die Rückkehr zur spätmittelalterlichen Theologie des Thomas von Aquin. In den Zentren der Malerei in Lima und Cuzco wurden häufig flämische Drucke als Bildvorlagen für Andachtsbilder verwendet. Neben den Heiligenbildern mitterlalterlicher Prägung findet man häufig flämische Einflüsse (Bauerndorf-Idyllen und Stillleben.) Dabei entstand eine originelle phantasiereiche Bildsprache mit Blumenkranzumrandungen, Vögeln und aufgelegten Goldmalereien.

In dem zentralen Tempelbezirk der Inkas, der Qorichancha (goldener Hof), wo Sonne, Mond, Sterne, Blitz und Regenbogen und die Mumien der Ahnen verehrt wurden, steht heute die Kirche Santo Domingo. Die bewunderswerten Mauern aus der Inkazeit wurden durch ein Erdbeben 1950 wieder freigelegt. Nach historischen Berichten waren die Mauern des Sonnentempels mit goldenen Platten bedeckt und im Garten Skulpturen von Menschen, Tieren und Pflanzen aus Gold und Silber aufgestellt, ein Spiegelbild des Reiches.

Sonnengebet

Sonne mein! Es lodert
Das prächtige Gold deines Haares
Hat unsre Maisfelder umhüllt!

Schon sind die grünen Kolben geröstet!
Deines Atems Gegenwart bedrückt sie,
ihr letzter Saft vertrocknet!

Gieß uns deines Regens Pfeile nieder!
Öffne deiner Augen Pforte,
o Sonne, Quell wohltuenden Lichts.

Die wertvollen Objekte aus der Inkazeit wurden von den Spaniern eingeschmolzen, die übrigen Kunstobjekte wie auch die jahrtausende alte Kunstentwicklung der vorkolumbischen Kulturen auf den Gebieten der Architektur, Skulptur, Textilkunst, Metallurgie, Malerei und Keramik wurden als exotische Kuriosität und als heidnisch-dämonisches Produkte abgelehnt und z.T. vernichtet. Heilige Orte der Inkas

Heute hatten wir den ganzen Tag wieder sehr heißes Wetter. Mir reichen die Kirchen inzwischen. Heilige, Heilige, Altäre in Gold und Silber usw. Viele Touristen, viele Bettler, Verkäufer und Schuhputzjungen. Die Einheimischen bewerfen sich wie schon in Bolivien mit Wasserbomben. Wir finden das gar nicht lustig, aber es ist ein allgemeiner Karnevalsbrauch. Vorsicht ist geboten.

Indios versuchen mit Lamas und Trachtenlook Geld über Fotos zu bekommen.

Ausflug ins heilige Urubamba-Tal der Inkas

Die Fahrt ins heilige Urubamba-Tal der Inkas ist ein besonderes Erlebnis. Die Rundfahrt dauert von 8 bis 19 Uhr. Die Landschaft ist überwältigend. Tiefgrüne Felder und Wiesen, etwa 3800 m hoch, zeugen von dem milden Klima hier. Endlich wieder Bäume und Felsmassive bis in Gletscherregionen. Darüber blauer Himmel und eine brennende Sonne. Dieses fruchtbare Tal diente den Inkas als landwirtschaftliches Zentrum. Terrassen bis in den Himmel, Inkafestungen und Tempelorte hoch auf den Bergrücken. Die Inkas haben riesige Steinblöcke kilometerweit die steilen Bergkuppen hinauftransportiert, präzise zugehauen und in ihre Mauern verbaut.

Hunderte von Stufen müssen wir klettern. Aber inzwischen macht mir das nichts mehr aus. Ich habe wieder eine recht gute Kondition.

Pisaq

300 m über dem Tal eine durch Mauern und Tore geschützte Inka-Stadt mit Friedhof, im Sakralen Bezirk steht der Sonnenstein Intiwatana ("Ort, wo die Sonne angebunden ist"), ein verzierter Felszacken in Form eines Zuckerhutes, mit dem die Stellung der Gestirne festgestellt wurde und Aussaat und Ernte bestimmt wurden. Blick hinunter auf den Rio Vilcanota und die Terrassen, die kunstvoll aus Stein-, Kies- und Erdschichten in windgeschützten Nischen liegen. Hier bauten die Inkas allein 17 Arten Mais an. In Peru kennt man namentlich 55 verschiedene Maisarten (in Amerika etwa 200 Arten, nach wikipedia weltweit 50 000 Sorten). Nach einer Mythe hat der erste Inka das heilige Korn "Mutter Mais" (Saramama) in Cuzco gepflanzt.

Chinchero, 3760 m

Ein landwirtschaftliches Zentrum der Inkas mit 10 Gemeinden. Neben Mais wurden hier vor allem Knollenfrüchte angebaut, nämlich Kartoffeln, Ollucos (glatte, 6-8 cm lange, verschiedenfarbige Knollen, und Ocas). In Peru sind bis zu 3000 Arten von Kartoffeln bekannt. Kartoffeln brauchen in den Anden 4-5 Monate Entwicklungszeit, Ollucos 7-8 Monate. Auf den weiten, fruchtbaren Ackerflächen werden ebenfalls Quinoa, Dicke Bohnen und Gerste angebaut.

Ollantay-Tambo, die Festung wurde 1460 vom Inka Pachacutec gebaut. Hier wurden die Herzen der verstorbenen Inkas aufbewahrt, während die Mumien im Sonnentempel von Cuzco lagen. Bei dem Vordringen der Spanier 1536 war die Festung noch nicht fertig gestellt. Sechs tonnenschwere Steine bis 4 m hoch, 2 m dick und breit wurden vom Steinbruch auf der anderen Talseite hier herauf geschafft.

Blick auf Vorratshäuser am steilen Hang.

Auf dem Gelände des Dorfes wird auch "Ollanta", das Romeo-Julia-Drama der Inkas, aufgeführt.

Liebeslied aus der kolonialen Epoche (aus Jesus Lara)

Wie fang ich es an,
dass mit goldnem Kamm
dein schwarzes, bezauberndes Haar ich kämme,
zu sehn, wie es deinen Hals umringelt?

Wie fang ich es an,
dass deiner Augen Morgensterne,
die meiner Blindheit Dunkel erhelln,
nur in meinem Herzen strahlen?

Wie fang ich es an,
Dass ich deinen Atem trinke,
dass noch rötere Blüten bedecken,
die blühende mullaka (rankender Strauch) deines Mundes?

Wie fang ich es an,
dass die Reinheit deiner Hand
die die Lilie beschämt,
noch weißer leuchtet?

Wie fang ich es an,
dass der Rhythmus deines Gangs
mit jedem Schritt verstreut
mehr Blumen als zuvor?

Würde mir all das gelingen,
könnte ich dein Herz
in meines pflanzen um zu sehn,
wie es ewig grünt.

Die tausend Salzpfannen von Maras, wo aus salzhaltigen Quellen Salz gewonnen wird, besichtigen wir leider nicht. Für die Inkas war Salz das wichtigste Objekt für den Handel mit den Urwaldstämmen und zur Konservierung von Fleisch und Fisch. In den Anden werden nahezu alle Sorten von Knollen, Samen und Fleisch getrocknet. Die Trocknungstechniken entwickelten die Inkas in Zusammenhang mit einer Speicherwirtschaft, um die Waren entsprechend den Interessen des Staates umzuverteilen.

Inzwischen habe ich schon über 500 Fotos gemacht und fast 3 Stunden Video aufgenommen. Es sind fantastische Landschaftsaufnahmen dabei.

Machu Picchu


Blick von Norden auf Machu Picchu

Morgen um 5.30 fahren wir mit dem Zug nach Aguas Calientes/Machu Picchu. Dort soll es tropisch warm sein mit vielen stechenden Insekten. Mal sehen. Nur Handgepäck ist erlaubt. Im Hotel hier bleiben unsere Zimmer reserviert.

Heute habe ich u.a. ein Schachspiel gekauft, bei dem die Inkas gegen die Spanier zu Felde ziehen.

Gestern hat es den ganzen Nachmittag geregnet. Als wir nach einer Wetterverbesserung einen Berg besteigen, beginnt es wieder zu regnen. Es ist eine verrückte Tour. Einige Gruppenmitglieder machen nicht mit, weil sie krank, nicht schwindelfrei oder vorsichtig sind. Im unteren Teil der Bergbesteigung geht es über 6 steile Leitern, eine mit 80 Sprossen. Bis zur völligen Erschöpfung kämpfen wir uns hoch, auch als Regen einsetzt, klettern wir weiter. Auf dem Gipfel können wir einen kurzen, einmaligen Blick auf die gegenüberliegende Talseite werfen und sehen, wie die Inkastadt Machu Picchu in den Wolken verschwindet. Auf dem Rückweg stürzt ein Teilnehmer eine Strecke ab und erleidet Prellungen. Erst jetzt entschließt sich unser Reiseleiter, sich um die zurück gebliebenen Nachzügler zu kümmern und klettert den völlig Erschöpften und Durchnässten entgegen.

Am nächsten Tag erfahren wir, dass die Bahnangestellten streiken und keine Züge zwischen Cuzco und Aquas Calientes verkehren. Großes Glück für uns, weil in der berühmten Ruinenstadt Machu Picchu dann nur wenige Touristengruppen herumlaufen. An "normalen" Tagen fahren etwa 2000 Touristen pro Tag zu diesen Ruinen. Ein weiteres Glück für uns ist das schöne Wetter, so dass wir bei blauem Himmel und viel Sonne über mehrere Stunden die imposante Stadt Machu Picchu besichtigen können.

Die verlassene Stadt wurde von dem Amerikaner Bingham in der Welt bekannt gemacht. 70 Jahre später gründete die peruanische Regierung den "Historischen Park "von M.P. mit dem gesamten Inkatrail und 1983 wurde das Gebiet (wie auch in Tikal/Guatemala) von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Man zählt 216 Gebäude, 40 sind zweigeschossig, die alle auf Terrassen angelegt sind und durch 100 Treppen miteinander verbunden sind. Außer zum Süden hin gehen die Terrassen in fast senkrecht abfallende Felswände über. Das Areal in Nord-Süd-Richtung (1000 x 500 m) enthält ein Palast-, ein Tempel-, ein Gefängnis-, ein Speicher-, ein Handwerker-, ein Intellekuellen- und ein Wohnviertel. Vom Palastviertel wird das Wasser einer Quelle über 16 Becken durch die Stadt geführt.

Danach wandert noch ein Teil der Gruppe zum "Sonnentor".

Die beiden Berge: Neben dem alten Berg Machu Picchu liegt der junge Berg Wayna Picchu, auf dessen Gipfel sich einige schmale Terrassen und ein Altar befinden. Der Zugang zum steilen Aufstieg über senkrechte Leitern mit 600 Stufen ist gesperrt.

Das ist bei der Höhe und dem heißem Wetter eigentlich wieder zuviel. Aber bis auf Muskelkater habe ich keine Schwierigkeiten.

Bei der Bewunderung des Inka-Staates, der innerhalb von rund 50 Jahren einige hundert Volksstämme unterworfen hat, der perfekte Stadtanlagen mit großartigen Bauten, Verkehrswege und einen funktionierenden Beamtenapparat aufbaute, fragen wir uns immer wieder, wie konnte es einer Handvoll spanischer Glücksritter (später einigen tausend Spaniern plus indianischen Hilfsvölkern, plus Negersklaven) gelingen, den totalitären, großflächigen Staat vom heutigen Süd-Kolumbien bis zum mittleren Chile in so kurzer Zeit von 1532 bis 1544 zu erobern.

Eine Antwort ist nur möglich, wenn man sich mit den Veränderungsprozessen, den oppositionellen Kräften und der Situation der Bevölkerung innerhalb dieses scheinbar so gefestigten Staates beschäftigt. Der Eindruck der Perfektion und Festigkeit des Staatsgebildes ist nur ein äußerer, bestimmt von den scheinbar übermenschlichen Leistungen der Inkas.


Festungstor und -mauer in typischer Trapezform

Wieder zurück in Cuzco besichtigen wir die imposante Inka-Festung Saqsaywaman mit Sonne- und Mond-Tempeln und einige Kirchen, das bedeutet, wir laufen - laufen - laufen.

Sozialistischer Realismus in Malerei und Worten

Millionen
waren es
Millionen Fäuste die entbrannten
Millionen Herzen
gegen den Gehrock
die Kugeln und den Höllenhund
Millionen
die eines Tages
ein einziger und neuer Mensch sein werden.
(Pablo Zarzal)


Wandbild in der Kunsthochschule

Da hier noch immer das Karnevalsfest läuft, fliegen in allen Strassen Wasserbomben, wird Schaum und Konfetti gespritzt. Die gefüllten Luftballons oder die Wassereimer sind ein Übel, sogar im Museum bespritzen sich die Wärter neben den Bildern. Seit den frühen Morgenstunden ertönen Kracher, und Musikkapellen ziehen durch die Straßen. Der Autoverkehr hier ist außergewöhnlich dicht und rücksichtslos, der Smog unerträglich.

Meine Wanderschuhe werden von Jungen zu höchstem Glanz gebracht.

Vor einigen Tagen habe mich auch überwunden und habe ein gegrilltes Meerschweinchen gegessen, ein Cui. Es war plattgeschlagen wie eine Schuhsohle und hatte kaum Fleisch. Der Geschmack war nicht sonderlich gut. Ich werde es nicht noch einmal probieren.

Lima

Hauptstadt Perus, 7.363.069 Einw.

Morgens um fünf Uhr starten wir zum Flug nach Lima.

Aus der einst blühenden Kolonialstadt ist heute eine unüberschaubare Metropole geworden, in der die Natur durch Bauten aus Asphalt, Stahl und Zement fast vollständig ersetzt wurde. Größere Parkanlagen sind kaum vorhanden. Lima kämpft mit einer Vielzahl von Problemen: ausuferndem Straßenverkehr, hoher Luftverschmutzung und zahlreichen Müllbergen. Die sozialen Probleme sind nicht weniger bedenklich: Kriminalität, Prostitution, Drogen .

Überrascht hat uns das umfangreiche Keramik-Depot des Larco-Museums, in dem man einen Überblick über die Themen der modellierten und gemalten Darstellungen erhält.

Wir erfahren, die Inkas konnten in vielen Bereichen (Königtum, Verwaltung, Priesterschaft, Ahnenkult und ikonographische Traditionen) auf die kulturellen Errungenschaften anderer Völker zurückgreifen.

Das Museo d'Oro, Goldmuseum. Es birgt eine verblüffende und einzigartige Sammlung von Goldornamenten verschiedener vorspanischer Andenkulturen, auch Objekte aus den Königsgräbern von Sipan (Mochica-Kultur). Vor weniger als 20 Jahren machte man durch Zufall in Sipán, etwa 800 km nördlich von Lima, einen spektakulären Fund: das intakte, nicht geplünderte Grab eines Moche-Herrschers. Im Laufe der Ausgrabungen kamen neben dem großartigen Grab des Fürsten von Sipán unter der verwitterten Pyramide aus adobe (getrockneten Lehmziegeln) acht weitere zu Tage, so unter anderem das des Alten Fürsten, des Priesters und eines Militärbefehlshabers.

Nordperu mit seinen alten Kulturen erscheint mir als weiteres verlockendes Reiseziel. Aber die politischen Entwicklungen in Peru befinden sich in einem dynamischen Prozess, ähnlich wie in Bolivien. Wird es zu wirtschaftlichen und sozialen Umbrüchen kommen, die zu Unruhen oder Kriegen führen?


Wessen Aufschwung und Fortschritt zeigt sich hier?
Lima am Strand von Miraflores

Werde ich in den nächsten Jahren Peru noch so vorfinden wie 2006, frage ich mich in Deutschland?

"Die Landkarte verändert sich.", sagte Castro, als er mit Chavez und Morales die "Bolivarische Alternative für Amerika", ein Zusammenschluss im Namen des Freiheitskämpfers Simon Bolivar, ausrief. Der Kapitalismus, die Globalisierung, der Währungsfonds, der freie Handel und die Vorherrschaft der US-Amerikaner sind die gemeinsamen Feinde.

Eine neue Einheit der lateinamerikanischen Völker könnte auch Peru verändern. Aber die Zeiten der Revolutionen sind wohl vorbei, und Veränderungen werden hoffentlich durch Wahlen herbeigeführt. Hoffentlich zum Wohle der 250 Millionen Einwohner, die in Armut leben, während eine Minderheit immer reicher wird.

Bei den anstehenden Wahlen stehen die Brüder und Heeresmitglieder Ollanta und Antauro Humala, die einst gegen Alberto Fujimori rebellierten, im Gegensatz zum letzten Präsidenten Toledo. Sie wollen Peru jetzt in eine ähnliche ethnisch motivierte Rebellion führen wie ihre Nachbarn.

Der Präsidentschaftskandidat Ollanta Humala trägt auf seinem T-Shirt den Wahlspruch

Amor por el PERU

Werden die Anden rot?

Rot wie die Liebe?
Rot wie ein Feuer?
Rot wie das Blut?

Aktuelle Informationen: http://www.latinlife.de/